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DRAGON versus SOJUS
#1
"DRAGON" versus "SOJUS"
[ALIGN="center]Erster kommerzieller “Dragon” - Flug zur ISS Anfang Oktober[/ALIGN]
[ALIGN="center]Amerikaner profitieren von “Sojus”-Startverschiebung –[/ALIGN]

Liebe Freunde und Interessenten,

in der Branche ist eine hohe Dynamik eingekehrt, welche die Betrachtung ausgewählter Eckpunkte für Jedermann sehr interessant erscheinen lässt:

Des Zusammenhanges wegen ist dieser Beitrag für das Forum 1. etwas ausführlicher und 2. auch weniger emotional gestaltet und 3. lässt sich hier eine Diskussion führen.

Beginnen wir mit den Amerikanern:
Unverkennbar ist:

Die jüngste Raumfahrtpanne der Russen hat den Amerikanern eine unerwartete Chance eröffnet:

Da der Start des nächsten bemannten “Sojus”- Raumschiffs wegen eines technischen Problems vom 15. Oktober auf die dritte Monats-Dekade verschoben werden musste, tut sich eine Lücke im Kalender auf, die das kalifornische Unternehmen Space X für den ersten (von zwölf) kommerziellen Versorgungsflügen seiner “Dragon”- Kapsel zur Internationalen Raumstation ISS nutzen will.
Der ebenfalls private “Falcon 9″-Träger soll den Frachter “Dragon” – inzwischen aktuell aus Houston vom 21. September am 08. Oktober um 2.34 Uhr deutscher Zeit zu seinem ersten Versorgungsflug zur Internationalen Raumstation ISS starten.
Die Kapsel des kalifornischen Unternehmens SpaceX werde zwei Tage später an die ISS umgehoben, teilte die NASA am Donnerstag in Houston (Texas) mit.
Der Frachter bringt rund 455 Kg Nachschub und wissenschaftliche Geräte auf die Umlaufbahn. Insgesamt sind zwölf solcher Flüge geplant, die die NASA mit 1,6 Mrd(!) Dollar finanziert.

“Dragon” verfügt über keinen aktiven Kopplungsstutzen und muss deshalb mit einem Roboterarm “eingefangen” und an das amerikanische Modul “Harmony” umgesetzt werden. Das Manöver wurde bereits im Mai bei einem sogenannten Demonstrationsflug erfolgreich praktiziert.

[ALIGN="center]Eine gute und eine schlechte Nachricht[/ALIGN]

Anfang voriger Woche hatte der Chef der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos,Popowkin, eine gute und eine denkbar schlechte Nachricht zu verkünden.
Zunächst die Gute:
Nach der Landung von “Sojus TMA-04M“ mit den Russen Gennadi Padalka und Sergej Rewin sowie ihrem amerikanischen Kollegen Joseph Acaba am Montagmorgen in Kasachstan lobte er zuerst das tadellose Funktionieren aller Systeme. Die Abkopplung von der ISS, der Abstieg und die Landung seien “vorschriftsmäßig” verlaufen.

Doch dann musste er einräumen, dass das Nachfolgeraumschiff “Sojus TMA-06M” nicht wie geplant am 15. Oktober zur ISS fliegen kann. Der Grund sei ein “Gerät”, das ausgetauscht und dann noch gründlich getestet werden müsse. Erst danach könne endgültig über das Startdatum entschieden werden.
Anm.: Die neue „Sojus“-Generation ist ja komplett digitalisiert worden.

[ALIGN="center]“Proton - M” darf wieder starten[/ALIGN]

Die neue Panne kommt aber zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn gerade konnte das nach der jüngsten Havarie verhängte Startverbot für den “Proton-M”-Träger wieder aufgehoben werden. Am 14. Oktober soll nun der Flugbetrieb erneut beginnen.

Zur Ursachenbeschreibung der Fehlfunktion der steuerbaren Oberstufe folgendes:

Wie sich bei den Untersuchungen herausgestellt hatte, führten Produktionsfehler im Treibstoffsystem der “Bris-M”- Oberstufe dazu, dass zwei Telekommunikations-satelliten am 7. August nicht ihre geplante Umlaufbahn erreichten.
Damit waren in den vergangenen eineinhalb Jahren bei einer beispiellosen Fehlstartserie zehn Satelliten verloren gegangen.
Das rief Ministerpräsident Dmitri Medwedjew auf den Plan, der um Russlands Raumfahrtreputation (wohl zurecht) fürchtet. Er verlangt von Popowkin ultimativ die Einführung eines Systems der Qualitätskontrolle, wie es sich zu Sowjetzeiten bewährt habe.

Bei der Suche nach einem Ausweg aus dem Dilemma verlässt sich „Roskosmos“ aber nicht nur auf die eigene Vergangenheit, sondern orientiert sich auch nach Westen und studiert das europäische Qualitätsmanagement (!).

Einen ersten Vorstoß in dieser Richtung unternahm Roskosmos-Vize Sergej Saweljew auf der Luft- und Raumfahrtschau ILA 2012 in der vergangenen Woche ein Berlin. Gemeinsam mit dem Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, vereinbarte er die Bildung einer Arbeitsgruppe, in der man sich über die Struktur und Organisation von Raumfahrtaktivitäten austauschen will. Die Ergebnisse fließen direkt in die Reform der russischen Raumfahrt ein, die 2015 abgeschlossen sein soll.

(Quellenhinweis hier: G. Kowalski für dapd; für das Forum bearbeitet R.B.)

Na, ob da die Deutschen wieder einen Fuß in der Tür haben?
Das ist ja auch noch nicht alles, denn wie im Vorfeld der ILA von deutschen Astronauten bemängelt, fehle ein europäischer Personen-Transporter, obwohl das technische KnowHow und auch das Geld da sei.
Das wird noch interessant!

>>> Zu diesem Know How von Astrium ein aktueller Anhang:

Die ATV-4 "Albert Einstein" – der nächste europäische Frachter - ist inzwischen auf dem Weg nach Kourou:
Die „Albert Einstein“ ist der vierte von Astrium gebaute europäische Raumtransporter.

Im Auftrag der ESA ist Astrium, Europas führendes Raumfahrtunternehmen, für die Entwicklung wie auch die Produktion der ATV (Automated Transfer Vehicle) verantwortlich.
Neben der Produktion der ATV-Versorgungstransporter führt Astrium im Rahmen des so genannten Exploitation-Vertrages die gesamten Dienstleistungen zum Betrieb der europäischen Anteile der Raumstation in verschiedenen Arbeitspaketen.
Dazu zählen
- die Missionsvorbereitung und -durchführung,
- das Astronautentraining,
- die Weiterentwicklung von Experimenten und Forschungs-einrichtungen,
- die Wartung und Logistik aller europäischen ISS-Elemente und der Bodenstationen sowie das Kommunikationssystem und der Datentransfer.

Nach der Einstellung des amerikanischen Space-Shuttle-Programms ist das ATV der größte Versorgungstransporter für die ISS und damit unverzichtbarer Bestandteil für die Versorgung der Internationalen Raumstation.

- ATV ist Europas modernster Raumfrachter, der mit innovativen Systemen für vollautomatische und autonome Annäherungs- und Andockmanöver ausgerüstet ist.

M.Menking, der Direktor Bemannte Raumfahrt und Weltraumerforschung bei Astrium sagte:

„Wir werden hier unsere Erfahrungen aus der Entwicklung und Produktion der ATV und des Weltraumlabors Columbus nutzen, um die vorhandenen Technologien für zukünftige Missionen unterschiedlichster Art weiterzuentwickeln“.
Astrium hat im Juni 2012 zwei Studienaufträge von der ESA mit einem Volumen von insgesamt 13 Millionen Euro bekommen, die sich mit der Entwicklung neuer Raumfahrzeuge beschäftigen.

Wie schon seine Vorgänger wird auch ATV-4 "Albert Einstein" in drei Spezialcontainern per Schiff von Bremen zum europäischen Weltraumbahnhof in Kourou gebracht.
Gleichzeitig gehen rund 35 Seecontainer mit Testausrüstung auf die Reise. Am Weltraumbahnhof Kourou werden schließlich das Raumfahrzeug, das Frachtmodul ICC, die Sonnenkollektoren und das SDM (Distanzmodul zwischen ATV und Ariane) endmontiert. Danach wird das ATV vor Ort nochmals umfangreichen Tests unterzogen, bevor es als Nutzlast in die Nutzlastverkleidung einer Ariane 5 integriert, aufgetankt und angeschlossen wird.
Der Start von „Albert Einstein“ ist für das Frühjahr 2013 vorgesehen.
Nach M. Menking liegen die Arbeiten für ATV-4 wie auch mit der Integration des ATV-Transporters Nr. 5 "George Lemaître" im Zeitplan".

> Nochmal zum allgemeinen Missionsumfang:
Bei einer typischen Mission wird das ATV Wasser, Treibstoff, Lebensmittel sowie wissenschaftliche Ausrüstung zur ISS bringen.
Zum Abschluss seiner Mission wird das ATV mit Abfällen beladen und von der Station abgetrennt, anschließend verglüht es beim kontrollierten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre.
Außerdem ist das ATV auch zuständig für die regelmäßige Bahnanhebung der ISS auf ihren Betriebsorbit in rund 400 Kilometern Höhe (derzeit sogar bei 429 Km) und für Manöver zur Vermeidung von Kollisionen mit Weltraummüll.

Die maximale Nutzlastkapazität des 20 Tonnen schweren ATV liegt bei bis zu sieben Tonnen Nettofracht.
Diese Ladung kann je nach Mission unterschiedlich aufgeteilt sein: 1,5 bis 5,5 Tonnen Fracht und Vorräte (Lebensmittel, Forschungsinstrumente, Werkzeug usw.), bis zu 840 Kilogramm Trinkwasser, bis zu 100 Kilogramm Gase (Luft, Sauerstoff und Stickstoff), bis zu vier Tonnen Kraftstoff für die Bahnhöhenkorrektur und bis zu 860 Kilogramm Treibstoff zum Auftanken der Station.

Und was besonders interessant ist:

Das ATV muss die Sicherheitsanforderungen für die bemannte Raumfahrt erfüllen.
So sind die digitale und elektronische Architektur des ATV doppelt redundant ausgelegt. Ein fehlertoleranter Zentralrechner – bestehend aus drei Rechnermodulen – sorgt für einen parallelen, sicheren und reibungslosen Ablauf der ATV-Mission.

Deswegen wird es noch sehr interessant, womit die europäische Raumfahrtbranche künftig aufwarten wird!
Gleichzeitig ist das meiner Meinung nach auch ein Signal an den russischen Wettbewerber über einen Nachfolger der rel. kleinen, wenn auch bewährten, „Sojus“ nicht nur nachzudenken. Den Anhang als „Weltraumkutschierer“ will Roskosmos sowieso abschütteln.
Auch deswegen, ich wiederhole, dürfte es noch sehr interessant werden.
Wir bleiben am Ball.

Herzlichst
Rainer
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