Geschichte der FuTK-432

Zur Geschichte der Funktechnischen Kompanie 432 (Groß Molzahn)

Erinnerungen von Helmut Bär

Im Mai 1981 (Dgrd. Leutnant) habe ich die FuTK als KC von Hptm. Veith übernommen. Im März 1981 wurde die Mi-8 in das DHS eingeführt und am 1. März 1982 durch die Mi-24 mit gleichzeitiger Einführung der Hubschrauberleitstelle ersetzt. Das dieser Wechsel intensiv durch 5 BGS-Hubschrauber beobachtet wurde, braucht man wohl nicht extra zu erwähnen, geschweige von den Aktivitäten der MVM bzw. nachfolgenden Luftraumverletzungen an diesem Tag.

Erinnerungen und Gedanken von Hanno Holzhäuser

Die FutK 432 Groß Molzahn wurde im Zeitraum von 1978 bis 1980 erbaut. Den Standortnamen erhielt die Kompanie vom Standort des ehemaligen Wohngebäudes für Berufssoldaten, das sich in der Gemeinde Groß Molzahn ( im damaligen Landkreis Gadebusch ) befindet.

Beim Bau dieser funktechnischen Kompanie wurden erstmals neue Wege eingeschlagen, in dem es eine größere räumliche Trennung zwischen der Aufenthaltszone - bestehend aus Personal-Dienstgebäude, Wirtschaftstrakt, Lageräume usw. - und der eigentlichen technischen Zone gab.( Das "Double" in der 1.LVD soll Lehesten gewesen sein ??) Das Objekt der Aufenthaltszone befand sich in der Gemarkung Schlagresdorf, nordöstlich vor gleichnamiger Ortschaft, die eigentliche technische Zone, westlich hinter der Ortschaft Schlagresdorf . Beide Objekte waren sehr großzügig konzipiert, die Personal - Dienstzone war ca. 3 ha, die technische Zone ca. 17 ha groß. Die Größe der Lagertrakte und der Tankstelle ließen auch auf andere geplante Verwendungen der Kompanie hin schließen, aber weder durch Personalvorhaltung (auch nicht geplante),noch durch Technik und Bewaffnung oder eingelagerte Reserven z.B. aus Mobilmachungsbeständen ließ sich diese These beweisen. Beide Objekte befanden sich in der Sperrzone an der ehemaligen Staatsgrenze West, was zusätzliche Einschränkungen für die dort Dienenden und auch einen erheblichen Führungsaufwand mit sich brachte.

Der Standort der FutK 432 war zur Verdichtung der Funkmessfelduntergrenze und zur Überwachung des grenznahen Raumes im Raum Lübeck bis Zarrentin geschaffen worden. Nördlicher Nachbar war die FutK 233 Elmenhorst aus dem FutB 23, südlicher Nachbar die FutK 433 in Banzin. Die FutK 432 war wechselseitig mit dem FutP 613 Lockwisch der GSSD im 24h - DHS des Warschauer Vertrages eingesetzt.

Von nordwestlicher bis südwestlicher Richtung wurden, insbesondere beim Einsatz der P - 15 mit AMU bei tief - und langsamfliegenden Zielen sehr gute Ortungsergebnisse erbracht. In östlicher Richtung gab es teilweise erhebliche Ortungsprobleme, was Besatzungen und d.h. Personal gerade bei FumSi - Aufgaben oder DHS - Kontrollen vor schwierige Aufgaben stellte. Auch die P -18 brachte im tieffliegenden Bereich erhebliche, weit über der in der ausgewiesenen Dokumentation, Ortungsreichweiten. Als Fernaufklärungsmittel war sie nur durchschnittlich geeignet, da gab es im TT wesentlich bessere Funkmessmittel.Der PRW 16 war für die Kompanie ein effektives Funkmessmittel. Mit ihm wurden alle Aufgaben erfüllt und in Abhängigkeit des Ausbildungsstandes auch Spitzenleistungen erreicht. Das Objekt WP 01 M erfüllte in der Kompanie seine Aufgaben, in der Zusammenarbeit mit anderen Systemen gab es aber ständig Schwierigkeiten. Außerdem waren die Eingabeprozeduren, wie bekannt sein dürfte, recht rustikal und umständlich.

Zusätzlich war ständig ein Diensthabender Hubschrauber der Luftverteidigung aus dem KHG -57 Staffenhagen / Basepohl vom Typ MI 24 in der FutK 432 stationiert, der zu Aufklärungsflügen entlang der ehemaligen Staatsgrenze und bei unklaren Luftlagen im grenznahen Raum sowie zum Abfang von langsam -und tieffliegenden Zielen im Handlungsbereich eingesetzt wurde. (Zeitungsnotiz zum Einsatz der Mi-24 aus der FuTK-432 über diesen Link - die Redaktion) Der Wechsel des Hubschraubers erfolgte wöchentlich, ebenso der Austausch des Sicherstellungskommandos und des Leitoffiziers, der jeweils für eine Woche aus einer der Jägerleitstellen der 3.LVD abkommandiert wurde. Da es im Grenzgebiet so gut wie keinen öffentlichen Nahverkehr gab, mussten die Leitoffiziere, die mit Bahn in Marsch gesetzt und abkommandiert wurden, (Eigenanreise mit Auto war wegen der Grenzgebietsbestimmungen eigentlich verboten) von umliegenden Bahnhöfen Schönberg, Rehna oder Schwerin abgeholt werden. (Auch darüber könnte man Geschichten schreiben).

Der in der technischen Zone angelegte Landeplatz wurde auch sehr intensiv von Hubschraubern der Grenztruppen der DDR zwecks Betankung und Aufnahme von Grenzaufklärungsoffizieren genutzt. Da diese Aufnahmen "getimte" Aktionen waren und aus damaligen Gründen der "Wachsamkeit und Geheimhaltung" nur einem geringen Personenkreis bekannt sein durften, rankten sich bald Gerüchte um dieses Zusteigen. Agentenaustausch, Personenschleusung usw. waren da folglich so einige Gerüchte.

Die FuTK hieß im Soldatenjargon auch "1.Graben" , "Westfront". , was der Nähe zur damaligen Staatsgrenze und dem freien Blick auf Ratzeburg zurück zu führen war. Die Dienst- Arbeits und Lebensbedingungen waren für alle dort Dienenden, egal welcher Dienstgradgruppe sie angehörten, trotz Neubausubstanz, eher schlecht als gut . Die Baulichkeiten befanden sich, wie bereits erwähnt, in der "Sperrzone". Jeder personelle Wechsel zwischen den Teilobjekten zog einen Rattenschwanz an zusätzlichen Maßnahmen hinter sich. Heute kann man darüber lachen, damals wäre man bei Verstößen ernsthaft zur Verantwortung gezogen wurden. Durch zwei Wachgestellungen in den Teilobjekten und wechselseitigem DHS war der personelle Aufwand sehr hoch , die personellen Reserven aber ,wie überall knapp, denn die Einheit war ,zwischen 1985 und 1989, mit maximal 85% aufgefüllt. Deshalb sah es für zusätzlichen Urlaub der Soldaten und Unteroffiziere im Gegensatz zu anderen Einheiten relativ schlecht aus. Auch die Offiziere hatten eine extrem hohe Dienstbelastung. Ausgang für die Soldaten und Unteroffiziere war nicht lohnend und wenn er genommen wurde, war der Weg zum nächsten Bier sehr weit....Da die öffentlichen Verkehrsmittel nur sehr selten fuhren, orderten sich die Soldaten und Unteroffiziere bei Urlaubsbeginn und Urlaubsende Taxis. Bei einer Fahrt nach Schwerin und zurück, gingen da wesentliche Teile des Wehrsolds drauf. Dienstfahrzeuge standen dazu nicht zur Verfügung. Das war von "ganz oben" verboten wurden und trotz Eingaben usw. führte da kein Weg heran. Für einen Soldaten oder Unteroffizier war es sehr schwer am Standort während des Dienstbetriebes Besuch zu empfangen, denn die Regelungen für das Grenzgebiet waren unerbittlich. Für Berufssoldaten waren die Bedingungen ähnlich. Eine sehr hohe, unregelmäßige Dienstbelastung, kaum Arbeitsmöglichkeiten für die Ehefrauen (Freundinnen oder Lebensabschnittsgefährtinnen wurden auf Dauer im Grenzgebiet nicht akzeptiert) führten dazu , dass ein sehr hoher Anteil lediger Offiziere in der FuTK diente.

Stark eingeschränkte personelle Weiterentwicklungsmöglichkeiten führten allmählich, im Kreis der Berufssoldaten, zu demotivierenden und lustlosem Verhalten. Besonders krass wurde die Situation, als 1987 die ersten an der OHS unter sehr laschen militärischen Bedingungen ausgebildeten Offiziere mit Diplom in den Truppendienst kamen. Man hatte ihnen offensichtlich an der OHS eine Menge der Realität verschwiegen. Ich erinnere mich noch heute, wie mich damals mein damaliger K -FutB, OSL Wollenberg - ein sonst sehr ruhiger und ausgeglichener Mensch - in einer "einseitigen und auch lautstarken Ausführung" durch das Telefon anbrüllte, was sich unsere "neuen Leutnante" wohl herausnehmen. (Sie hatten dem "Alten" ihren Dienstplan unter die Nase gehalten und ihm salopp erklärt, dass dieser nicht ihren Vorstellungen entspricht und ihren Freizeitvorstellungen konträr entgegenwirkt, und er solle das doch mal ändern.)

Die FuTK 432 hatte von Anfang ihres Bestehens an den Nimbus einer "Horrorkompanie", in der möglichst niemand dienen wollte, nicht nur in Soldaten und Unteroffizierskreisen. Deshalb hieß die Kompanie hinter vorgehaltener Hand auch das "GULAG."

Ich war in dieser Kompanie von 1985 bis Ende 1989 Kompaniechef, übrigens nicht freiwillig. Am Anfang habe ich damals versucht, noch alle befohlenen Aufgaben zu erfüllen, was aber utopisch war. Was allerdings mitunter durchzusetzen war, dafür habe ich mich, so manches Mal aus menschlicher Sicht, für meine Vorgesetzten geschämt. Die letzten zwei DDR - Jahre in der FutK 432 (von 1987 bis November 1989) war die schlimmste Zeit. Die Agonie der DDR hatte auch in den FuTT ihre Schatten geworfen : In den ersten Jahren waren sehr viele Abiturienten oder Facharbeiter aus elektronischem Fach oder mit nachrichtentechnischer Ausbildung im Soldaten - und Unteroffizierschor. Durch die Grenzbestimmungen und nach einem schweren Unfall mit tödlichem Ausgang Ende 1985 in dieser Einheit, wurde das Personal zusätzlich "handverlesen". Das war für das Erreichen von guten Leistungen und stabiler Aufgabenerfüllung im DHS ein ganz entscheidender Vorteil. Die Intelligenz der Truppe, gemeinsam mit dem Wissen, das Stabilität auch Ruhe bringt, ließen uns relativ gute Jahre haben. Ab 1988 setzten gegenläufige Prozesse ein. Das Personal, wurde zunehmend älter, das Bildungsniveau sank erheblich, es wurden zunehmend soziale Härtefälle eingezogen, die nach kurzer Zeit wieder entlassen wurden, eine personelle Ergänzung blieb weitestgehend aus. Berlin -Initiative , das Abkommandieren ganzer Berufsgruppen führten zu dem Ergebnis, das durch das verbleibende Personal so manches Mal schon fast Übermenschliches geleistet werden musste.

Dafür kann ich heute nur allen Kameraden, die auch diese schweren Zeiten in der FutK 432 kennen gelernt haben, meine Hochachtung und Anerkennung aussprechen. Ich möchte es deshalb nicht versäumen, auf diesem Weg, bei allen meiner damaligen "Mitstreiter", um Verständnis und gegebenenfalls auch um Entschuldigung bitten. Eigentlich müssten diese Worte von denen kommen, die uns die "Suppe" eingebrockt haben und für solche katastrophalen Dienstverhältnisse sorgten und sie nicht änderten. Aber ich denke selbst den Chef - Ebenen und ihren Stäben waren irgendwie die Hände gebunden und ihre Ohnmacht wurde überspielt durch Ignorieren oder Arroganz.

Ein Kompaniechef in den funktechnischen Truppen hatte einerseits viel größere Rechte und Pflichten und daraus resultierend auch größere Handlungsspielräume als viele seiner "Amtsbrüder" in anderen Waffengattungen, vielleicht kann man eine Funktechnische Kompanie mit einem U - Boot vergleichen - man musste oft ohne Nachfrage und Rückversicherung selbständig und schnell mit der gesamten Besatzung handeln um zu überleben, - auf der anderen Seite war man auch nur ein Zahnrad im Getriebe. Ich habe versucht diese Spielräume zu nutzen, ich hatte Glück das meine Vorgesetzten weitestgehend loyal waren und wenn sie auch an bestimmten Umständen nichts ändern konnten, zumindest manchmal beide Augen zudrückten. In diesem Zusammenhang muss ich oft an ein paar Gespräche mit dem ehemaligen Kommandeur der 3.LVD, Generalmajor Schwipper, oder an den Chef der FuTT Generalmajor Merkel denken.

In sofern denke ich schon, dass ein gewisser Korpsgeist in den LSK, und ein Zusammenhalt in den FuTT da war, denn ansonsten hätte ich wahrscheinlich in Schwedt oder an einem anderen sicheren Örtchen über meine geäußerten Meinungen oder auch praktizierten Handlungen nachdenken können. Aber alle Handlungsspielräume hatten Grenzen. Diese zu überschreiten, hätte die Existenz der eigenen Person oder der gesamten Familie aufs Spiel gesetzt.

Dazu war ich bis zum Schluss nicht bereit, da ich auch Verantwortung für meine Familie hatte. Ich bin im Dezember 1989 aus der NVA entlassen worden, in "Ehren" . Die FutK 432 wurde von der Bundeswehr nicht übernommen und wurde sofort außer Dienst gestellt. Mein Nachfolger im Amt hatte die Kompanie abzuwickeln und aufzulösen. Ich bin noch heute froh, dass mir diese Aufgabe erspart geblieben ist.

Das Personal Dienstgebäude gehört heute dem Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes Mecklenburg Vorpommern und dient als Reserveaufnahmeheim für Spätaussiedler, in dem Werkstatt - und Lagergebäude treibt eine freie LKW - Werkstatt ihre Geschäfte. Übrigens die Bäumchen die damals für sehr gute Leistungen im DHS und in der Regel zum Ende der Dienstzeit gepflanzt wurden, (Sonderurlaub hing natürlich auch daran) sind heute zu einem schönen Wäldchen herangewachsen. Die technische Zone hätte heute hervorragende Tarnwerte im "Tarnmodell Natur", die Stellungen verfallen langsam, der GS wurde an seinen Eingängen mit Beton plombiert und teilweise verschüttet. Auf dem Gelände hat sich eine Lübecker Receyclingfirma angesiedelt, die auch mit Kompost, Rindenmulch u.ä. Erdstoffen handelt.

Hanno Holzhäuser

* mit Fragezeichen gekennzeichnete Stellen sind evtl. nur Gerüchte bzw. Fehlinformationen

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